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Der neue Totalitarismus

Im 20. Jahrhundert 'erfanden' Stalin und Hitler den totalitären Staat. Nun richtet Putin dasselbe System in Russland ein. Die Vernichtung der Ukraine dient nicht dem „Schutz des russischen Volkes“, nicht nur der völkerrechtswidrigen Landnahme: sondern der Errichtung einer totalen Herrschaft. Diese Dimension wird gerne übersehen – wegen ihrer unangenehmen Konsequenzen.

Die Philosophin Hannah Arendt (1906 – 1975) erkannte im Totalitarismus ein modernes Phänomen, das sich von Tyrannei, Diktatur oder Despotie grundsätzlich unterscheidet. Die totale Herrschaft gründet sich auf apathische, frustrierte Massen, die in ihrer Verlassenheit und Orientierungslosigkeit durch die Sehnsucht nach Zugehörigkeit und Führung geeint sind.

Totalitäre Bewegungen schaffen durch ideologische Propaganda eine fiktive Welt, die als absolute Wahrheit, als Schlüssel aller Probleme, auftritt und durch keine Erfahrung beeinflussbar ist. Die „Spezialoperation“ gegen die Ukraine ermöglichte Putin Riesenschritte in Richtung seiner fiktiven Welt: Verbot abweichender Informationen und ausländischer Medien, Bestrafung anderer Meinungen, extreme Lügen werden tatsächlich als „Fakten“ geglaubt. Der ideologische Terror reicht bis ins Schlafzimmer.

Totalitäre Herrschaft braucht Instabilität, damit die Massen nie zur Ruhe kommen und der Herrscher immer wieder Ordnung herstellen und Terror entfesseln kann. Die angebliche Bedrohung der Nation und der Krieg gegen den „Feind“ im Westen müssen zur Dauereinrichtung werden.

Die totale Beherrschung der Menschen durch ideologischen Zwang ist notwendig auf Weltherrschaft ausgerichtet, um alle anderen Perspektiven auf die Wirklichkeit auszuschalten. Auch hier brachte der Ukraine-Krieg den Diktator einen großen Schritt nach vorne: Die Drohung mit Raketen lähmte die westlichen Demokratien. Wer möchte schon gerne seine Komfortzone verlassen? Aber vergessen wir nicht, was Hannah Arendt nach 1945 schrieb:

„Totale Herrschaft ist die einzige Staatsform, mit der es keine Koexistenz geben kann.“ (Elemente und Ursprünge totaler Herrschaft. 23. Aufl. Mai 2021, Piper München. S. 636.)


 

Foto: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Moscow-City2015.jpg Mos.ru  

Wie der Mensch sich selbst begreift

Die legendären Vorlesungen Prof. Dr. Wilhelm Salbers zur Geschichte der Psychologie erscheinen Januar 2025 im Psychosozialverlag. Daniel Salber gibt das Buch aus dem unveröffentlichten Nachlass seines Vaters heraus.  

In lebendiger, anschaulicher Sprache schildert Wilhelm Salber die Entstehung von Psyche und Psychologie seit der Renaissance. Nicht als bloßes Nacheinander, sondern als eine spannende Entwicklung. Salber schöpft dabei aus seiner ungeheuren Belesenheit, er unterhält sich sozusagen mit Denkern wie Descartes und Freud auf Augenhöhe. Wie nebenbei gibt diese Geschichte eine ausgezeichnete Einführung in die Psychologische Morphologie. 

Vom Desaster des Techno-Finanzkapitalismus 

Meine Streitschrift ist wieder online erhältlich, beispielsweise über diesen Link.
Verlag: Daniel Salber; ISBN: 9783000793165

 

Seit Erscheinen meiner Globalisierungs-Kritik 2016 sind einige Jahre ins Land gegangen. Seitdem hat sich die Weltlage dramatisch zugespitzt. Daher wurde auch der Titel für die Neuauflage verschärft: „Desaster – vom Elend der Globalisierung zur Wiederbelebung Europas“. Ursprünglich hieß das Buch: „Wider den Moneytheismus“.

Es gründet auf jahrzehntelangen Erfahrungen, Forschungen und Analysen im Umkreis der „Globalisierung“. Auch Forschungsergebnisse aus zahlreichen BSP-Masterarbeiten sind eingeflossen. Das Buch ist jedoch in ungewohntem Stil verfasst: durch Polemik will es Menschen aufklären und aufrütteln.

„Globalisierung“ ist heute keine Devise mehr, sie ist allgegenwärtig. Sie bedeutet nicht weltweite Wirtschaft, nicht internationale Vernetzung, sondern: unumschränkte Herrschaft des Techno-Finanzkapitalismus. Die Folgen sind Verwahrlosung und Zersetzung jeder Kultur. 

Die Misere im deutschen Bildungswesen spitzt sich katastrophal zu. Umfassende Menschen-Bildung wird durch Befütterung mit Information ersetzt; Hochschulen verfallen zu Supermärkten. Während der Corona-Epidemie zeigte sich zum ersten Mal auf breiter Front die Leugnung rationaler Erkenntnisse. Die „Zerstörung der Vernunft“ (Georg Lukacs) breitet sich weltweit aus in neofaschistischen Bewegungen. Es herrscht wieder Krieg:  Menschen veranstalten Massaker, legen Großstädte in Schutt und Asche – und ein gottähnlicher Diktator droht fassungslosen Gegnern mit Weltvernichtungs-Waffen. Putin agiert wie ein Hitler der „globalen“ Epoche.

Vor vier Jahren schrieb ich: „Globalisierung bedeutet nicht Verbindung, sondern Zerrissenheit der Kulturen, nicht Fortschritt, sondern Rückfall.“ Heute spitzen sich diese Phänomene so bedenklich zu, dass das „Projekt der Aufklärung“ (Jürgen Habermas) ähnlich gefährdet erscheint wie vor 100 Jahren.

Was tun? Dieses Buch erinnert an den antiken Mythos des Prometheus. Er wollte die Götter übertrumpfen – und am Ende blieb ihm und seinen Kindern nichts anderes übrig, als ein Leben in Demut und Verehrung des Göttlichen zu führen. Prometheus und der Garten Epikurs: das sind Bilder, die Wege aus dem globalen Desaster weisen können.  

Der Hinweis auf mythische Bilder ist kein esoterisches Projekt – im Gegenteil, es folgt dem Konzept der Aufklärung, den ganzen Menschen, den wirklichen Menschen in seiner paradoxen Existenz, zur Grundlage von Kultur und Staat zu machen. Nur eine neue Aufklärung kann verhindern, dass der Mensch zum unmündigen Sklaven seiner selbstgeschaffenen Automaten und Diktatoren wird. Prometheus und Epikur geben keine Lösung, sie geben Anstoß zu einem Bildwechsel.